Vollbepackt und voll entspannt – Alltagstaugliche Alternativen zum Auto

Auch der vierte autofreie Tag war für unsere Familie mit keinerlei Verzicht verbunden. Aber das ist ja auch nicht wirklich verwunderlich, denn das Geheimnis unseres aktuell autofreien und ansonsten auto-armen Familienlebens besteht hauptsächlich in kurzen Wegen. Dass wir im Berufsleben so kurze Wege haben, hat sich andererseits auch nicht zufällig ergeben, sondern ist durchaus die Folge davon, dass wir das Auto nicht als Selbstverständlichkeit ansehen, sondern eher als letztes Mittel. Aber wir hatten auch das Glück, dass sich die entsprechenden Möglichkeiten überhaupt ergeben haben. Die hat nicht jede*r und insofern ist es natürlich auch vollkommener Quatsch zu sagen, dass das jede*r von heute auf morgen nachmachen kann. Was jede*r jederzeit nachmachen kann, ist sicherlich die Grundeinstellung, das Auto nicht als selbstverständlich zu betrachten. Stattdessen kann man sowohl bei kleinen als auch bei größeren Entscheidungen überlegen: Geht das auch ohne Auto? Wie kann ich das angehen, wenn ich im Alltag das Auto möglichst wenig nutzen möchte?

Da viele unserer alltäglichen Wege kurz sind, benötigen wir keine E-Bikes. Als unsere Kinder klein waren, haben wir uns einen sehr geräumigen Anhänger gekauft, der Platz für 2 Kinder bietet und noch einen schönen „Kofferraum“ hat. Seit die Kinder selbst Fahrrad fahren, verstauen wir darin alle Schultaschen und noch jede Menge Einkäufe. Auf den ersten drei Fotos unten kann man sehen, wie sich unser Anhänger an einem typischen Freitagnachmittag auf unseren Wegen durch Rastede nach und nach füllt.

Auch für alle, die keine kurzen Wege haben, gibt es inzwischen tolle Alternativen zum Auto. Auf dem Foto unten ist mein Kollege Christopher Stolz mit seinem Lasten-Pedelec zu sehen. Er hat – jetzt bitte festhalten – sein Auto abgeschafft und sich stattdessen dieses tolle Rad zugelegt. Ich bin absolut begeistert und habe ihn daher ausgefragt, wie es dazu kam und warum ihm das Radfahren so wichtig ist.

Chris, du hast seit Dienstag schon 170 km mit dem Fahrrad zurückgelegt. Wie nutzt du das Rad im Alltag, dass solche Strecken zusammenkommen?

Christopher Stolz: Ich habe einen Arbeitsweg von 15 km von Oldenburg nach Rastede. Zusätzlich habe ich zwei Rennradtouren aufaddiert. Heute wird noch eine Strecke hinzukommen: Ich fahre immer mal nach Bremen zu meiner Freundin. Dadurch werden dann sicherlich noch ein paar mehr Kilometer hinzukommen.

Du fährst also regelmäßig von Oldenburg bis nach Bremen mit dem Rad. Was machst du, wenn ein Gewitter losgeht, während du unterwegs bist?

Christopher Stolz: Es gibt ja immer mal Möglichkeiten, sich unterzustellen. Und dann wird halt abgewartet. Ansonsten gibt‘s die Regenklamotten und dann geht’s weiter.

Zur Schule kommst du jeden Tag mit deinem Lastenrad. Warum hast du dir ein Lastenrad zugelegt?

Christopher Stolz: Ich besitze das Lastenrad erst seit letztem Jahr. Ich komme aus einer sehr rad- und sportbegeisterten Familie und bin früher sehr viel Rad gefahren. Dann habe ich irgendwann festgestellt: Ich bin etwas träge geworden und fahre nur noch mit dem Auto umher. Daher habe ich mich auf die Suche gemacht nach einem Fahrrad, das meine Bedürfnisse erfüllt. Das Lastenrad kam aufs Radar, weil ich eine Möglichkeit brauchte, um meine Instrumente zu transportieren, um Einkäufe zu erledigen und auch Sportgeräte zu transportieren. Dann habe ich mir gesagt, ich möchte auch morgens zur Arbeit kommen, ohne verschwitzt in den Unterricht gehen zu müssen… so dass ich dann auch über die Unterstützung nachdachte und mich für ein Pedelec entschieden habe.

Wie akzeptieren dich denn die Autofahrer, wenn du mit deinem Lasten-Pedelec in Rastede auf der Straße fährst?

Christopher Stolz: Man muss sagen, dass man auf der Straße selten akzeptiert wird von den Autos. Es gibt immer wieder Autos, die einen schneiden, oder eben anhupen, weil sie nicht erkennen, dass ich verpflichtet bin auf der Straße zu fahren. Aber je mehr Menschen auf diese Weise mit dem Fahrrad auch auf der Straße unterwegs sind, desto mehr werden sich die Autofahrer daran gewöhnen.

Du bist Musiklehrer und hast ja schon angedeutet, dass du mit deinem Lastenrad auch Instrumente transportierst. Wieviel passt da rein und was hast du schon alles unterbekommen?

Christopher Stolz: Soweit ich informiert bin – ich habe es selbst noch nicht ganz ausgereizt – ist tatsächlich ein Gewicht von 200 Kilo erlaubt. Das ist super praktisch für Einkäufe. Theoretisch könnte man auch Kleinkinder transportieren. Dafür gibt es spezielle Sitze. Meine Nachbarin hat sich ein Lastenrad geholt, um ihre Schäferhündin zu transportieren. Ich transportiere auch verschiedene Instrumente, heute habe ich die Cajón dabei, ansonsten Gitarren, Saxophon…

Du benutzt dein Pedelec statt eines Autos. Das heißt, das CO2 wird tatsächlich eingespart. Aber das Rad hat natürlich auch einen Antrieb und benötigt Strom. Wie viel Strom verbrauchst du und wie oft musst du laden?

Christopher Stolz: Mein Stromverbrauch hat sich im letzten Jahr schon erhöht, das habe ich bei der letzten Stromabrechnung mitbekommen. Aber genauer kann ich es noch nicht sagen, weil ich das Rad noch nicht so lange habe. Ich habe eine Option mit zwei Akkus. Das sind so 80 km, die ich radeln kann, und dann wird das Ding geladen. Ich kann das direkt im Schuppen anschließen. Und das Laden dauert immer so drei Stunden.

Das Pedelec ist dein Autoersatz. Nun möchte ich es aber auch genau wissen: War es auch so teuer?

Christopher Stolz: Ja, es entspricht vom Kaufwert schon einem Kleinwagen: 10.000 Euro hat es gekostet. Das liegt an der speziellen Ausstattung meines Rads. Eine bessere gibt es nicht und ich habe mir gesagt: Das muss jetzt sein.

Es fallen sicherlich noch weitere Kosten für die Wartung an. Ist das mit dem Auto vergleichbar?

Christopher Stolz: Ich muss nach einer gewissen Anzahl von Kilometern zum TÜV. Bei mir ist das etwa einmal im Jahr der Fall. Aber die Kosten sind nicht mit den Kosten für ein Auto vergleichbar. Neben dem Klima-Argument und dem Freiheitsgedanken, den ich sehr stark mit dem Radfahren verbinde, war für mich der finanzielle Aspekt das Hauptargument für dieses Lasten-Pedelec. Wenn ich mit dem Auto beim TÜV war, habe ich meistens zwischen 600 und 1000 Euro bezahlt. Bei dem Rad sind das maximal 60 Euro. Obwohl es in der Anschaffung erst einmal recht teuer war, ist es also insgesamt sehr viel günstiger.

Auf der Webseite vom Stadtradeln heißt es, das Auto stehen zu lassen sei gar kein Verzicht, denn das Radfahren sei ein Gewinn. Dass es ein großer Gewinn für das Klima ist, steht außer Frage. Was macht für dich darüber hinaus den persönlichen Gewinn aus?

Christopher Stolz: Ich schätze einfach sehr dieses Freiheitsgefühl: Ich kann selbst entscheiden, wann und wo und wie ich fahre, habe gleichzeitig die Tour und den Panoramablick und habe auch das Gefühl, etwas geleistet zu haben.

Was erhoffst du dir vom Stadtradeln?

Christopher Stolz: Vielleicht auch dieses Bewusstmachen … auch gerade für die Kommunalpolitiker*innen, dass wir eben eine andere Infrastruktur benötigen für die Fahrräder. Ich war jetzt nach längerer Zeit mal wieder in Hannover und habe gesehen, dass dort Straßen einfach rigoros zu Fahrradstraßen umgemünzt werden, was ich einfach wunderbar finde. Klar, stoßen sich die Autofahrer*innen daran, aber ich glaube, anders geht‘s eben auch einfach nicht. Entweder man entwickelt komplett neue Straßen oder man räumt eben doch den Fußgänger*innen und Radfahrer*innen eine andere Rolle ein, um so ein bisschen die Mentalität bzw. das Bewusstsein der Leute zu ändern.
Natürlich geht es um den Diskurs, denn wir wollen ja nicht gar keine Autos mehr haben. In Berlin gab es auch spannende Aktionen, wo man deutlich gemacht hat: Wieviel Platz benötigt so ein Auto und wann wird das eigentlich genutzt? Und dass man dann eher in Richtung Carsharing-Angebote geht und schaut: Wie viele Personen brauchen jetzt eigentlich ein Auto und kann man das nicht irgendwie optimieren? Denn das Auto steht eigentlich den größten Teil des Tages rum. Und das macht unsere Städte auch nicht schöner oder klimaneutraler.


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